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Klemens Gruber - Erosion - Gefahr für Mensch und Natur

Sediment transport in open channel flows – experimental investigation and numerical simulation of local scour development downstream of a weir

oder

Erosion - Gefahr für Mensch und Natur

Klemens Gruber

angefertigt am Christian Doppler Labor für die Modellierung partikulärer Strömungen und am Institut für Theoretische Physik

Kurzfassung PDF

Vortrag (PDF) 3,2MB

Vortrag (PPSX) 41,6MB

Zu den herausforderndsten Problemen der Umweltwissenschaften zählen die Erosion und der Transport von Sedimenten, wie sie in Schnee - oder Wüstensandverfrachtungen auftreten. Bodenerosion sowie die Erosion in Flussgebieten durch Hochwasser oder im Küstengebiet bilden oft existentielle Risiken für die Bevölkerung (wie z.B. Agrarlandverlust, Einsturz von Häusern). Durch den Klimawandel und seine Auswirkungen werden extreme Wettersituationen und damit auch Hochwässer immer häufiger und die Risiken enorm erhöht.
Die Änderung der natürlichen Strömungsverhältnisse durch Wasserkraftwerke, offshore Windkraftanlagen oder Brückenpfeiler verursacht ebenfalls Erosion. Dies kann die Stabilität solcher Bauwerke massiv gefährden und stellt in weiterer Folge ein Risiko für die Ökosysteme Fluss und Meer dar. Die Vorhersage, wie Sedimente flussabwärts solch hydraulischer Strukturen transportiert werden, ist daher von zentralem Interesse.

Abb. 1: Die starke Strömung unterhalb des Wehrs in Steyr transportiert die Sedimente weiter.

Sedimenttransport kann prinzipiell mit drei verschiedenen Methoden vorausgesagt werden:


  • mittels analytischer Betrachtung (also mithilfe von Formeln),
  • mittels numerischer Simulation (am Computer versucht man die Realität nachzubilden),
  • oder mit experimentellen Modellen.

Erstere Methode kommt nur für simple Situationen in Frage, die darüberhinaus meist noch zusätzlich stark vereinfacht werden müssen. Der experimentelle Zugang ist am wenigsten kostengünstig, und zwar sowohl hinsichtlich Material als auch hinsichtlich "manpower". Ein attraktiver Zugang ist es, die Gültigkeit eines Computermodells mit einem Experiment zu überprüfen, um dieses dann für verschiedenste Problemstellungen effizient anwenden zu können.

Ich habe im Zuge meiner Diplomarbeit die Physik von Erosionsprozessen, wie sie oben vorgestellt wurden, im Zusammenhang mit einer freien Wasseroberfläche im Detail studiert. Dazu habe ich ein neues numerisches Modell entwickelt: Dieses berechnet die Erosion "in Partikelgrößenordnung", das heißt, dass sogar die Stöße zwischen einzelnen Steinen betrachtet werden.

Abb. 2: CFD-DEM Simulation der Strömung über das Wehr und ihrer resultierenden Kolkbildung. Das erodierbare Partikelbett besteht aus 2 mm Glass-Partikel (rote Kugeln). Die Wasseroberfläche wurden mit der VOF Methode berechnet und wird blau angezeigt, wobei der Vektorplot die Strömung widerspiegelt..

Strömungsprobleme in Flüssigkeiten und sonstigen Medien werden durch komplizierte gekoppelte (Differential-)Gleichungen beschrieben. Zu diesen gehören u.a. die Navier-Stokes Gleichungen, eines der 7 "Millenium Probleme", für deren Lösung ein Preisgeld von 1 Million Dollar ausgesetzt ist. Diese und andere realistischen Gleichungen für die Bewegungen von Wind und Wasser können also nur näherungsweise, und auch das nur mithilfe leistungsstarker Computer gelöst werden.

Man fasst die zugehörigen numerischen Methoden unter dem Namen “Computational Fluid Dynamics (CFD)” zusammen. Auto- und Flugzeugindustrie benötigen sie zur Ermittlung der geeigneten aerodynamischen Form, Bauingenieure zur Dimensionierung von Gebäuden und Brücken gegen die Belastung durch Wind und Wasser. Selbst Hollywood soll damit die Umströmung der Titanic modelliert haben.

Zusätzlich zur Berücksichtigung der Wasserströmung brauchte ich im Flussbett natürlich auch eine gute Beschreibung des Sediments. Diese erreichte ich mit einer sogenannten “Discrete Element Method (DEM)“, welche die Kräfte auf jeden einzelnen Stein berechnet. Die Wechselwirkung zwischen der Flüssigkeit und den Sedimentteilchen modellierte ich durch eine Kopplung von CFD und DEM. Dadurch wird die Physik von Sedimenterosion, Transport und Ablagerung sehr hochauflösend erfasst, wobei ich ein spezielles "Partikel Lift Modell" entwickelte, um die von der turbulenten Strömung resultierenden Kräfte auf das Sediment zu berechnen. Ein typisches Ergebnis meiner Simulationen sieht man in Abbildung 2.

Abb. 3: Vergleich der Kolkbildung der Simulation (strich-punktiert bzw. strichliert) mit der experimentellen Messung (Linie).

Zusätzlich konzipierte und realisierte ich ein Experiment, um die Strömung und Turbulenz flussabwärts eines Wehrs zu untersuchen. Damit analysierte ich die lokale Kolkbildung nach der wasserbaulichen Anlage, und zwar sowohl räumlich als auch zeitlich. (Unter "Kolk" versteht man jegliche durch eine starke Strömung erzeugte Vertiefung des Bodens, wie Ausspülungen, Rinnenbildung, usw. Besonders gefährlich sind hierbei z.B. Unterspülungen von Dämmen). Ich verwendete ein auf Laser basierendes Messinstrument. Meine numerischen Ergebnisse, welche mit der CFD-DEM Methoden erzielt wurden, stimmen mit meinen Messergebnissen sehr gut überein. So konnte ich also zeigen, dass mein numerisches Modell in der Lage ist, die Strömung und den Erosionsprozess tatsächlich realistisch widerzuspiegeln (Abbildung 3). Daher ist das präsentierte numerische Modell für die korrekte Beschreibung von Sedimenttransport in Gerinneströmungen geeignet. Ein weiterer Vorteil meines Modells ist, dass es relativ einfach für weitere Sedimenttransportprobleme, wie sie oben geschildert sind, adaptiert werden kann.