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Melanie Plöckinger - Es werde Licht


Influence of protein electrostatics on pigment excitation energies in photosynthetic antennae and reaction centers.


oder


Es werde Licht! Wie in Pflanzen Proteine der Sonnenenergie den Weg weisen.

Melanie Plöckinger


angefertigt an der Abteilung Theoretische Biophysik des Instituts für Theoretische Physik der JKU>

Kurzfassung PDF

Präsentation (PDF)

 

Abb. 1: Ausgangsstoffe und Endprodukte der Photosynthese in Pflanzenzellen. Diese Grafik wurde von meinem Betreuer Frank Müh erstellt und hier mit seinem Einverständnis abgebildet.

Photosynthese

In Anbetracht des Klimawandels werden Alternativen zu fossilen Energieträgern, die durch den Verbrennungsprozess den Kohlenstoffdioxidanteil der Luft erhöhen, immer wichtiger. Die Natur bietet uns anstatt von Öl und Kohle viele Energiequellen, wie Wind, Gezeiten und, vor allem, die Sonne. Ein großes Problem dieser „gesunden“ Quellen ist jedoch, dass sie nicht rund um die Uhr verfügbar sind: es gibt Windstillen, bewölkte Tage oder die Nacht. Wäre das entscheidende Problem gelöst — die Energiespeicherung — könnten die Alternativen mit ihrer Energiemenge bereits sämtliche Kernkraftwerke ablösen.
Derzeit werden Spitzenlasten des Energieverbrauchs durch Speicherkraftwerke abgedeckt. Diese sind jedoch sehr groß und aufwändig zu bauen. Aber auch hier zeigt uns anhand von Bakterien und Pflanzen die Natur wieder eine mögliche Lösung des Problems: Durch Photosynthese können sie Sonnenenergie als chemische Energie speichern und diese dann auf Abruf nutzen.

Die Photosynthese ist schon geraume Zeit Gegenstand der Forschung, schließlich ist ein Abfallprodukt davon, nämlich Sauerstoff, die Grundlage des Lebens der meisten Tiere und Menschen. Schon viele Details des Ablaufs in den sogenannten Chloroplasten der Pflanzenzelle sind entschlüsselt: die Ausgangsstoffe, Endprodukte und sämtliche Zwischenstationen der chemischen Reaktionen sind bekannt. In meiner Masterarbeit habe ich den allerersten Schritt in der Photosynthese untersucht, den Lichtsammelprozess. Darin wird die Sonnenenergie von der Pflanze durch Farbstoffmoleküle wie zum Beispiel Chlorophylle, eingefangen und zu einem sogenannten Reaktionszentrum transportiert; in diesem wird die Energie dann benutzt, um energiereiche Moleküle zu produzieren. Bei einer späteren Aufspaltung dieser Moleküle kann diese Energie dann wieder gewonnen und für weitere Stoffwechselprozesse verwendet werden.

Lichtsammelprozess

Der von mir studierte Lichtsammelprozess hat eine Quantenausbeute von fast 100%, das heißt, dass fast alle am Anfang eingefangenen Lichtteilchen (Photonen), die eingesammelt wurden, auch am Reaktionszentrum ankommen. Ihre Energie nimmt jedoch auf dem Weg dorthin etwas ab. Damit wird erkauft, dass der Energietransport in einer festgelegten räumlichen Richtung ablaufen kann.
Ein Photon hüpft also von einem Chlorophyll zum nächsten und will so zum Reaktionszentrum. Aber wie "weiß" es, welches das nächste Chlorophyll ist? Die Chlorophylle in der Nähe sind nämlich chemisch gesehen alle identisch!

Jedes einzelne Farbmolekül wird durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren so verändert, dass es unverwechselbar wird: Insbesondere die „Nachbarmoleküle“ sind hier von großer Wichtigkeit: Die Chlorophylle sind nämlich in Proteine eingebettet, gefaltete Ketten aus Aminosäuren, die ständig schwingen. Dies benötigt Energie, weshalb die Proteine jeweils einen kleinen Teil der Energie der Photonen in den Chlorophyllen aufnehmen. Weiters können sich einzelne Wasserstoffatome aus der Proteinkette lösen oder wieder anheften.
Solche und weitere Prozesse machen die chemisch gleichen Moleküle nun unterscheidbar. Dadurch kann die Energie von Chlorophyll zu Chlorophyll gewissermaßen die „Leiter“ herunterhüpfen und so zum Reaktionszentrum gelangen.

Abb. 2: Struktur des Photosystem II in einem Cyanobakterium. Die blauen Helices und Pfeile stellen die sogenannte Sekundärstruktur eines Proteins dar. Dazwischen sind die Farbstoffmoleküle eingebettet (grün, gelb, rot, ...), die hauptsächlich für den Energietransport innerhalb des Bakteriums oder der Pflanze verantwortlich sind. Die Positionen der Atome in dieser Abbildung basieren auf der experimentellen Kristallstruktur von Guskov et al. (2009). Diese Abbildung wurde mit dem Programm VMD erstellt.



Die Lichtsammelkomplexe, die aus Proteinen und Farbstoffmolekülen bestehen, sind auf atomarer Ebene riesige Systeme, denn sie setzen sich aus hunderten von Atomen zusammen. Daher können die oben beschriebenen Prozessabläufe und Energieweiterleitungen nicht exakt quantenmechanisch berechnet werden. Es sind sinnvolle Näherungen notwendig, die einen großen Teil der Wechselwirkungen abdecken und somit die Berechnung der Energien und der Weiterleitungsraten ermöglichen. Eine besondere Schwierigkeit für das Finden solcher Näherungen ist, dass der Einfluss von in der Nähe liegenden Chlorophyllen auf ein Chlorophyll verglichen mit den Wechselwirkungen dieses Chlorophylls mit seiner Proteinumgebung nicht vernachlässigbar ist und umgekehrt.

Struktur des Photosystems

Anhand von zwei Beispielen für Pigment-Protein Komplexe (Pigment = Farbstoffmolekül), dem Photosystem II und dem LH2 (light harvesting complex), untersuchte ich einige Möglichkeiten dafür, wie das Protein die Anregungsenergien und Wechselwirkungen der Pigmente — in meinem Fall waren das hauptsächlich Chlorophylle — beeinflusst. Dafür wurde ein elektrostatisches Modell herangezogen.

Im Photosystem II Reaktionszentrum findet ein sehr wichtiger Schritt der Photosynthese statt, nämlich die Wasserspaltung, woraus anschließend der Sauerstoff in molekularer Form produziert wird. Genau genommen findet dieser Prozess im sogenannten "water-oxidizing complex" (WOC) statt. Sieht man sich nun die Struktur des Photosystem II Reaktionszentrums (siehe Abb.3) an, fällt auf, dass der WOC einen starken Symmetriebruch darstellt. Das wirft natürlich die Frage auf, ob sich dieser strukturelle Symmetriebruch auch auf die Anregungsenergien der Pigmente in den beiden Ästen des Reaktionszentrums auswirkt. Meine Berechnungen zeigten, dass der Effekt des WOC auf die Anregungsenergien vernachlässigbar ist (siehe Abb.4): sich in der Nähe befindliche Proteinteile können nämlich ihren Ladungszustand anpassen, wodurch solch strukturelle Ladungsänderungen wieder kompensiert werden.

Ich konnte somit nachweisen, dass es legitim ist, ein einfaches Modell für die Ladungsverteilung am WOC zu verwenden: Man erhält trotzdem richtige Anregungsenergien. Zusätzlich unterstützt mein Ergebnis die Vergleichbarkeit von auf Kristallstrukturen inklusive WOC basierenden Rechnungen, mit den experimentellen Spektren, bei deren Probenvorbereitung der WOC mit großer Wahrscheinlichkeit verloren geht.

Abb.3: Anordnung der Pigmente im Zentrum von Photosystem II. Links unten befindet sich der WOC, hier als OEC für "oxygen evolving complex" bezeichnet. .

Abb.4: Vergleich der berechneten Anregungsenergien der Pigmente, die in Abbildung 3 zu sehen sind, mit den Anregungsenergien (derselben Pigmente), die aus experimentellen optischen Spektren bestimmt wurden.

Somit bleibt die Erforschung der Photosynthese trotz aller bekannten Details weiterhin spannend bis wir basierend auf den ausgeklügelten Mechanismen der Natur unsere eigenen Sonnenenergiekraftwerke bauen können.


Referenzen:
[1] A. Guskov, J. Kern, A. Gabdulkhakov, M. Broser, A. Zouni, and W. Saenger, “Cyanobacterial photosystem II at 2.9-Å resolution and the role of quinones, lipids, channels and chloride”, Nature Structural and Molecular Biology 16(3), p.334, (2009).

[2] W. Humphrey, A. Dalke, and K. Schulten, “VMD: visual molecular dynamics”, J. Mol. Graph. 14(1), p.33, (1996).