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2014 - Florian Aigner

Studieren in Greensboro - Zwischen Küste und Gebirge

Studienaufenthalt mit ISEP at the North Carolina Agricultural & Technical State University, in Greensboro, North Carolina, USA Aug 2014 - Dez 2014 (winter term)


Florian Aigner
Contact: vorname.nachname(/\t)jku.at


Mein Name ist Florian Aigner, ich bin 27 Jahre alt und studiere Technische Physik an der Johannes Kepler Universität in Linz. Vor ca. 2 Jahren habe ich den Entschluss gefasst mich auf die weite Reise zu begeben und ein Auslandssemester zu absolvieren. In meiner Vorbereitungsphase waren mehrere Destinationen zur Auswahl. Wohin soll man gehen als Physiker, bringt das überhaupt was fürs Studium? Egal! – Da ich mich generell gerne in neue Abenteuer stürze war zu Beginn Südamerika im Gespräch. Doch da mein Spanisch nicht so 'bueno' war, wurde dies alsbald wieder verworfen. Also neuer Plan, die Vereinigten Staaten von Amerika. Für mich waren sie kein unbeschriebenes Blatt. Ich war dort schon mehrmals auf Urlaub und auch so gefiel mir der amerikanische Lebensstil gut.

Wer sich für ein Austauschstudium in den USA bewirbt, hat einen langwierigen Weg aus Formularen und Terminen vor sich. So muss der sogenannte TOEFL Test absolviert werden um die eigenen Englischkenntnisse zu prüfen. Auch die Bewerbung gestaltet sich als sehr zeitaufwendig, da aus einer riesigen Menge an Universitäten die zehn für einen am besten geeignetsten herausgesucht werden müssen. Hat man seine Auswahl endlich getroffen müssen dann noch die Bewerbungen verfasst werden. Um schließlich ein amerikanisches Visum zu erhalten muss man in der amerikanischen Botschaft in Wien einen Termin vereinbaren, um dort die Befugnis zur Einreise zu erhalten.
Mitte Juli 2014 hatte ich dann alles beisammen und die Bestätigung der Gast Universität in der Tasche. Es konnte mich also nichts mehr aufhalten, nächster Stopp “North Carolina Agricultural & Technical State University” kurz NCA&T in Greensboro, North Carolina.

Am 14. August ging es dann endlich los, Flug von Wien nach Venedig, von dort aus ein Transatlantikflug nach Philadelphia (dort war ich auch 2009 schon gelandet) und schlussendlich, nach Einreise und Zoll, ein Inlandsflug nach Greensboro. Beim Landeanflug auf Greensboro fiel mir gleich das viele Grün in der Landschaft auf. Erinnerte mich irgendwie an die Landschaft in Österreich aber doch einen Tick anders – das sind wohl die kleinen Unterschiede, die es aber ausmachen.

North Carolina liegt im Süden der USA und ist bekannt für Tabak, Baumwolle und Süßkartoffeln.
Umgeben von South Carolina, Georgia, Virginia, Tennessee und dem Atlantischen Ozean zählt es geografisch zum Süden der USA, was man auch sofort an den Temperaturen merkt. Das Wetter kann man als “abwechslungsreich” beschreiben. Durch die flache Landschaft gibt es keine Begrenzungen in Form von Gebirgen und so ziehen die Wetterfronten von Norden nach Süden durch. Dies kann dazu führen das es an einem Tag frühlingshafte Temperaturen hat und am darauffolgenden Morgen bitterkalt ist.

Die Universität, an der ich die kommenden Monate studieren sollte, war eine sogenannte HBCU - also eine “Historic Black College and University”. Das die Geschichte noch tief verwurzelt war, wurde mir sofort klar als ich das erste Mal die Cafeteria betrat. Ich und die anderen Austauschstudenten waren, mit einigen wenigen Ausnahmen, die einzigen Weißen an dieser Universität. Prinzipiell hatte ich damit auch kein Problem, es war nur die ersten zwei Wochen etwas ungewohnt. Je länger ich aber dort studierte, umso weniger fiel mir der Unterschied auf. Was noch erleichternd dazukam ist, dass man in den USA sehr leicht Kontakte knüpfen kann. Achtung, ich rede hier von Kontakten nicht von Freundschaften. In den USA spricht man gern von der Pfirsich Mentalität – weiche Schale, harter Kern. Um richtige Freundschaften zu schließen braucht es, so wie überall, Zeit. Im Alltag aber kommt man mit jedem einfach ins Gespräch und fühlt sich willkommen. Diese Mentalität hat wahrscheinlich auch damit zu tun, dass die Vereinigten Staaten seit jeher ein Einwanderungsland sind und man es so den Neuankömmlingen leichter macht.

Angekommen am Greensboro International Airport wurde ich von einem Vertreter der Universität abgeholt. Gemeinsam mit Austauschstudenten aus China, Brasilien, Lybien, Südkorea und Graz fuhren wir in Richtung Walmart um dort die ersten großen Besorgungen auf amerikanischen Boden zu tätigen. Dieser Einkauf zog sich über mehrere Stunden, da sich niemand mit den US-typischen Maßeinheiten für Bettzeug und dergleichen auskannte. Noch dazu kam die schier unendlich große Auswahl an Produkten – in den USA wird Konsum groß geschrieben. Nachdem alle Einkäufe getätigt waren ging es kurz vor Mitternacht endlich ins Studentenwohnheim. Ich hatte seit über 24 Stunden nicht geschlafen und so war ich sichtlich froh als ich endlich in mein Bett fallen konnte. Am nächsten Tag machte ich mich als erstes mit der Umgebung vertraut, um zu sehen wo ich hier gelandet war. Die Studentenwohnheime, genannt Aggie Suites, befanden sich direkt am Campus, der eine beachtliche Größe hatte. Die Suiten waren aufgeteilt in zwei Zimmer mit jeweils zwei Einzelbetten und einem gemeinsamen Bad. Ein etwas anderer Standard als ich von meiner Wohnung zuhause gewohnt war, aber ich hatte schon schlimmer geschlafen. Ich teilte mir die Suite mit Markus aus Graz, Mohamed aus Lybien und Jiahe aus China. In den kommenden Monaten sollten sie meine Freunde werden.

In der Einführungswoche gab es eine Reihe von Vorträgen die einem das Campus-Leben und die Universität näher bringen sollten. So gab es Vorträge zum Bussystem, zur Stadt Greensboro, zu den einzelnen Einrichtungen an der Uni und weiteren Themen wie Bankkonto oder Ausflüge. Die Tatsache das der öffentliche Verkehr in Greensboro zwar vorhanden, jedoch schlecht ausgebaut war und die Größe des Uni-Geländes veranlassten mich dazu mir ein Fahrrad zu kaufen, welches ein treuer Begleiter über die gesamte Studienzeit werden sollte.
Am Ende der Einführungswoche, vollgepackt mit neuem Wissen und mit neuem Fahrrad, ging es dann endlich daran die für das Studium relevanten Dinge zu erledigen. Mir wurde mein Academic-Advisor, Dr. Gasparian vorgestellt, der mich durch die kommenden Monate begleiten sollte. Er half mir bei der Kursauswahl, die sich anfangs als gar nicht so leicht herausstellte, da einige Physik-Kurse, die ich mir im Vorhinein herausgesucht hatte, nicht angeboten wurden. Schlussendlich war ich aber mit dem Ergebnis zufrieden, da ich in den Kursen der Mathematik Fakultät einen geeigneten Ersatz fand.

Zu meinen belegten Kursen zählten Astrophysik, Partikelphysik, Partielle Differentialgleichungen und Numerische Methoden. Zum einen konnte ich meinen Horizont auf die ganz großen und auf die ganz kleinen Dinge in unserem Universum erweitern und andererseits meine mathematischen Kenntnisse sowohl numerisch als auch analytisch intensivieren. Ein perfekt geschnürtes Paket für mein Studium, mit dem Bonus vier Monate lang meine Englischkenntnisse zu perfektionieren.

Studieren in den USA ist auf jeden Fall anders als in Österreich. Der Unterrichtsstil war viel persönlicher und es wurde versucht gemeinsam die Themen zu erarbeiten. Auch das Verhältnis zwischen Professor und Student war viel persönlicher, fast schon zu persönlich. Hausarbeiten waren ein wichtiger Bestandteil der Kurse. Dies bedeutete zwar viel Arbeit, war aber keine große Herausforderung, da in den Übungen nur der Stoff aus den Vorlesungen intensiviert wurde. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Kurse einfacher waren als an meiner Heimatuni in Linz, speziell im Bezug auf die Abschlussprüfungen. Jedoch musste man, um zu bestehen, das ganze Semester über kontinuierlich seine Leistung bringen.
Was mir auffiel war, dass viele meiner Kommilitonen in irgendeiner Form an der Uni engagiert waren. Für viele von ihnen gab es neben dem Lernalltag nichts anderes, da sie weit weg von Zuhause studierten. Manche von Ihnen mussten auch aufgrund ihres Stipendiums Tätigkeiten übernehmen. Ich hatte den Eindruck das amerikanische Studenten nicht einfach an einer x-beliebigen Universität ihren Abschluss machen, sondern sich voll und ganz mit ihrer gewählten Bildungseinrichtung identifizieren. So ist es auch kein Wunder das es im Buchladen am Campus eine riesige Auswahl an Merchandise-Artikeln gibt, verziert mit dem Universitätsslogan “Aggie Pride” oder mit dem Maskottchen der Football Mannschaft. Man ist Stolz ein “Aggie" zu sein und zeigt dies auch.

Am Campus hatte ich mich relativ schnell eingelebt und auch die Kurse waren interessant und fordernd. Mit meinem Professor aus Astrophysik führte ich nach den Vorlesungen oftmals Diskussionen. Mein Professor in Numerik trieb mich manchmal fast zur Verzweiflung mit seinem rasend schnellem Vortragsstil. Trotzdem wird mir das Studieren immer gut in Erinnerung bleiben. Neben den Kursen vertrieb ich mir die Zeit im Fitnesscenter am Campus oder fuhr mit meinem Rad durch Greensboro, wodurch ich am Ende meines Aufenthaltes die halbe Stadt kannte. Im Laufe der Monate, in denen ich an der Universität studierte, gab es neben dem Studium auch eine Reihe von Veranstaltungen und persönlichen Highlights.

Zu einem dieser Höhepunkte zählte die Parade in der Homecoming Woche, an der ich mitwirkte. Zur Erklärung, Homecoming wird auf so gut wie jeder Universität in den Staaten gefeiert. Hier geht es darum, die Studenten aus früheren Jahren zurück an die Universität zu holen, unter anderem um potenzielle Geldgeber und Sponsoren zu finden. Die ganze Woche über gab es Veranstaltungen und Parties. Der Trubel fand seinen krönenden Abschluss im traditionellen Football-Spiel, bei dem natürlich die Heimmannschaft gewann.
Nun aber zurück zur Parade, die auch Teil dieses Veranstaltungsprogramms war. Auf einem Paradewagen aufgestellt, neben all den anderen internationalen Studenten schwenkte ich, sichtlich stolz auf mein Heimatland, die Österreichische Nationalflagge. Wir fuhren vorbei an einer nicht endend wollenden Ansammlung an begeisternd jubelnden Menschen – wobei ich mir nicht ganz sicher war, ob alle wussten welche Flagge ich da in der Hand hielt. Wie auch immer, das war es jedenfalls Wert um fünf Uhr morgens aufzustehen.

Ein weiteres Highlight aus meiner Zeit an der NC A&T war sicherlich der Ausflug mit dem Football Team nach Orlando, Florida. Der Besuch von Disneyworld mit der weltbekannten “Mechanical Parade”, bei der auch die Marschkapelle der Universität ihren Auftritt hatte, und das einzigartige Feuerwerk machten diesen Besuch unvergesslich. Am darauffolgenden Sonntag gab es US-typisch ein Football Spiel bei dem wir lautstark unser Team, bei gefühlten 40 °C im Schatten, anfeuerten. Was mir von diesem Wochenende auch immer in Erinnerung bleiben wird, die insgesamt 24 Stunden Fahrt von Greensboro nach Orlando und retour.

Während meiner Studienzeit hatte ich auch die Möglichkeit den Osten der USA zu bereisen und besser kennenzulernen. Da ich passionierter Bergsteiger bin, zog es mich bei einem meiner Wochenendausflüge in das Städtchen Gatlinburg. Dort begab ich mich mit zwei weiteren österreichischen Austauschstudenten auf eine lange und anstrengende Wanderung durch die Great Smoky Mountains, dem bekanntesten Nationalpark im Osten der USA. Als krönender Abschluss wanderten wir neun Meilen auf dem Appalachian-Trail. Weitere Ausflüge führten mich an die Atlantikküste und in die Blueridge Mountains sowie in die umliegenden Städte von Greensboro. Ich kann für mich behaupten, dass ich meine Freizeit in den USA gut genutzt und Land und Kultur in aller Vielfalt kennengelernt habe.

Akademisch gesehen war mein Aufenthalt ebenfalls ein voller Erfolg, wobei die abschließende Prüfungswoche sehr fordernd und kräfteraubend war. Dessen ungeachtet konnte ich alle Kurse mit der Bestnote abschließen.

Zum Abschluss meines Auslandssemesters, nachdem die letzte Prüfung geschrieben und alle Koffer gepackt waren, begab ich mich mit den beiden österreichischen Austauschstudenten erneut auf Reise. Wir fuhren mit dem Auto von Greensboro nach New Orleans in den Süden, dann quer über den Kontinent hinauf in den Norden nach Chicago und zu guter Letzt nach Detroit, wo mein Aufenthalt schließlich endete und ich am 22. Dezember 2014 meinen Heimflug nach Wien antrat.

Abschließend kann ich jedem der jetzt selbst Lust auf ein Auslandssemster bekommen hat nur empfehlen diesen Schritt zu wagen. Erwarten darf man nichts, denn das was kommt ist ungewiss. Das einzig was sicher ist, dass man diese Zeit nie vergessen wird – wenn man sich auf dieses Abenteuer einlässt und sich ins Ungewisse stürzt. Neben den akademischen Erfahrungen die man sammelt hat man auch die Möglichkeit ein Land und eine Kultur in allen Details kennenzulernen. Wie anfangs bereits erwähnt, war ich schon einige Male in den USA auf Urlaub. Ich dachte also zu wissen was mich erwartet. Und doch im Nachhinein gesehen kam alles ganz anders und auch die Stereotypen, die mir bis dato so bekannt waren, kann ich jetzt viel besser verstehen.