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2009 - Thanh-Chung Dinh

Monte Carlo Simulation magnetischer Phasenübergänge von anisotropen Antiferromagneten

Diplomarbeitsprojekt: Forschungsaufenthalt an der RWTH Aachen, Deutschland
01.11.2009 – 31.12.2009

Thanh-Chung Dinh
Contact: nachname_vorname_vorname(/\t)yahoo.de


 

Motivation

im Zuge meiner Diplomarbeit unter der Leitung von ao.Prof.Dr. Reinhard Folk am Institut für Theoretische Physik beschäftige ich mich mit Systemen anisotroper Antiferromagneten in einem externen Feld. Solche Systeme sind sehr interessant für die Theorie kritischer Phenomäne, da sie viele verschiedene Phasen bei verschieden gewählten Parametern (wie extern angelegtem Feld, Anisotropie-Kopplung,..) zeigen. Weiters sagen sie die Existenz multikritischer Punkten beim Mitberücksichtigen von Parametern wie extern angelegtem Feld und Anisotropie-Kopplung vorher. Graphisch bedeutet das, dass in den Phasendiagrammen zwei oder vier Phasenlinien des kontinuierlichen Phasenüberganges (bikritisch oder tetrakritisch) zusammentreffen oder eine Änderung der Art des Phasenübergangs entlang einer Phasenübergangslinie (trikritisch) auftritt.

Ich berechne die Grundzustände und deren Ordnungsparameter in diesen Systemen. Für einfache Systeme mit einer Ein-Ion-Anisotropie existieren analytische Lösungen. Mit einer zusätzlichen kubischen Anisotropie (F) jedoch sind die Systeme nur mehr numerisch lösbar. Schon im Grundzustand (T = 0) treten im Phasendiagramm eine Vielzahl interessanter Phasen auf (antiferromagnetisch [AF], paramagnetisch [PM], Spin-Flop [SF], Bikonisch 1[BC1] und Bikonisch 2[BC2]) und es bilden sich kritische Punkte (tetrakritisch, kritischer Endpunkt) heraus.

Ich versuchte auch die Mean-Field- und Landau Theorie auf die antiferromagnetische Systeme bei endlicher Temperatur anzuwenden. Diese Theorien liefern bekannterweise nur grobe Lösungen und stellen eine Näherung dar, weil sie die kritische Fluktuationen vernachlässigen. Bevor man sich nun die Mühe macht, diese Ergebnisse durch meist kostenintensive Experimente bestätigen zu lassen, sollte man erstmal im ’Computer-Experiment’ mögliche Denkfehler eliminieren. Die Monte-Carlo-Methode eignet sich sehr gut für ein solches physikalisches System und hat sich schon seit Langem bewährt.

Die Gruppe um Prof. Walter Selke ist sehr fortgeschritten im Bereich der Computer-Simulation von Antiferromagneten. Deswegen möchte ich zu ihm nach Aachen fahren und die nötigen ’Tricks’ und Techniken beim Programmieren und der Analyse von Messdaten erlernen, um anschließend das neuerworbene Wissen auf meine Systeme anzuwenden.

Allein die historische Stadt Aachen für sich stellt ja schon eine Motivation für einen Aufenthalt dar. Da sie an der Grenze zu Belgien und den Niederlanden liegt, kann ich mit einer einzigen Reise drei verschiedene Kulturen und Länder kennenlernen.

Die Monte-Carlo - Simulation

In den ersten paar Wochen wurde ich vom Prof. Selke in die Theorie und Technik der MC-Simulation magnetischen Systemen eingeführt. Ich lernte dabei die Mächtigkeit der MC-Simulation aber auch ihre Ungenauigkeit, hervorgerufen durch die endlichen simulierbaren Systemgrössen (Finite-size-effekte) und die begrenzten Computerresourcen (statistische Fehler), kennen. Man kann diese Ungenauigkeit durch kluge Finite-Size-Scaling und das Auswerten von Grössen, die wenig Finite-size-Effekt - z.B. die Binder-Kumulanten -, haben, ausgleichen. Während des Aufenthaltes konnte ich mein Wissen auch durch den Besuch der Vorlesung ’Statistische Physik’ bei Prof. Selke, in der auch andere MC-Simulationstechniken und Modellen besprochen werden, vertiefen.

Ein lauffähiges Programm konnten wir bald zusammenstellen, da wir programmier-technisch die gleiche Sprache (Fortran) ’ sprechen’. Ich wandte das Program auf das magnetische System, das wir derzeit untersuchen, an: den klassischen Heisenberg-Antiferromagnet mit einer Austauschwechselwirkung nächster Nachbarn, einer Ein-Ion-Anisotropie (D-Term) und einer kubischen Anisotropie (F-Term). Aus den Grundzustandsrechnungen wissen wir, dass bei endlicher F-Anisotropie die planare Rotationssymmetrie (x- und y-Komponente) gebrochen wird, und eine vierzellige Symmetrie in Richtung der Achsen oder in die der Diagonalen, je nach dem Wert der kubischen Anisotropie, bevorzugt wird.

Wir simulieren das System für endliche Temperatur, endliches Feld und eine positive kubische Anisotropie-Konstante (F = 1). Interessanterweise tritt die antiferromagnetische Ordnung bei Erhöhung der Temperatur nach der BC2-Phase wieder auf und der diskontinuierliche Phasenübergang zwischen der BC2 und SF im Grundzustand wird kontinuierlich. Diese Tatsachen führen dazu, dass das System eine tetrakritischen Punkt aufweist, zudem besitzt die Phasenlinie zwischen BC2 und SF einen trikritischen Punkt. Den tetrakritischen Punkt können wir schon auf den Bereich (Ttet = [1.035,1.055], Htet = [3.65,3.67] ) einschränken, doch wir müssen zu grösseren Systemen gehen, um es genauer lokalisieren zu können.

Wir simulieren das System auch für eine negative kubische Anisotropie-Konstante (F = -2) . Hier haben wir es mit einem bikritischen Punkt zu tun, an dem die AF, SF und PM zusammenkommen. Die schmale BC1-Phase, die im Grundzustand auftritt, verschwindet schon bei endlich kleinem Temperaturwert wieder. Beim übergang von der BC1 in die SF-Phase bildet sich ein Reentrance-Gebiet aus, d.h. dass es beim Vergrössern des Magnetfeldes bei einer kleinen fixen Temperatur die SF-Phase in die BC1-Phase und diese anschließend wieder zurück in die SF-Phase übergeht.

Diese zwei Szenarien mit verschiedengewählter F-Anisotropie zeigen schon die Vielfalt der resultierenden Phasendiagramme solcher magnetischen Systemen. Wegen der begrenzten Computerresourcen und begrenzten Zeit zum Auswerten können wir zuerst nur mal die obengeschriebenen Szenarien und deren wichtigen interessanten multikritischen Punkten lokalisieren. Dabei haben wir den Ein-Ion-Term noch nicht mal in Betracht gezogen. Durch die Mitnahme dieses Terms könnte sich vielleicht noch artenreichere Phasendiagramme ergeben, dem wir in Zukunft noch mehr Aufmerksamkeit schenken werden.

Die Stadt Aachen

Das Physikzentrum, wo sich alle physikalischen Institute der RWTH befinden, liegt im Nordwesten der Stadt Aachen in einer sehr schönen Grünlandschaft. Von meinem Arbeitsplatz aus im vierten Stock hatte ich einen tollen Ausblick auf die Umgebung, inklusive das moderne Gebäude des Uniklinikums (anerkannte Sehenswürdigkeit der Stadt Aachen).

Bei guter Sicht konnte ich sogar über die Grenze nach Holland sehen. Ich nahm auch die Möglichkeit wahr, die angrenzenden Länder Holland und Belgien bzw. deren Grenzstädte Kelmis und Vaals kurz zu besuchen.

Aachen ist eine Studentenstadt mit einer grossen Anzahl an ausländischen Austauschstudenten, somit mangelt es kaum an Ausgehmöglichkeiten am Wochenende, wenn die traditionellen Sehenswürdigkeiten wie der Aachener Dom oder das Rathaus schon geschlossen sind.

In wissenschaftlicher Hinsicht wertvoll war vor allem der Jülicher-Forschungszentrum-Besuch, wo wir einen Seminarvortrag eines ukrainischen Gastwissenschaftler, der auch magnetische Systeme untersucht, beiwohnten und nachher eine Diskussion mit dem Vorgetragenen führen konnten. Dieser Tagesausflug zum Forschungszentrum klang mit einem Weihnachtstreffen der Institute für theoretische Physik aus.

Der gesamte Eindruck

Nach diesem zwei-monatigen Aufenthalt an der RWTH beim Prof. Selke konnte Ich mir einen Einblick in die Methode der MC-Simulation in der Statischen Physik, angewandt auf magnetischen übergänge, verschaffen, und durch die vielen Diskussionen mit den zwei Kollegen der Arbeitsgruppen Prof. Selkes, Hrn. David Peters und Hrn. Alexei Brener, lernte Ich auch überblicksmässig verschiedene Simulationstechniken kennen. Diese Gespräche werden für mein zukünftiges Berufsleben sehr nützlich sein .

Auch über nichtphysikalische Themen fand ein reger Austausch statt. Das fröhliche Beisammensein bei Speis und Trank ermöglichte mir einen tiefen Einblick in das Leben und die Mentalität der Aachener Die begonnene Arbeit mit der genannten Methode werde ich in Linz fortsetzen und in meine Diplomarbeit einbauen und neue Ergebnisse, die wichtig für das Verstehen des behandelten Systems sind, veröffentlichen.

Hierbei möchte ich mich herzlich beim Prof Selke für die mühevolle Betreuung und bei den zwei Kollegen für die touristische Führungen durche Aachen und die nette Gastfreundschaft bedanken. Zum Schluss möchte ich mich auch bei der Wilhelm-Macke-Stiftung und beim KIP der OÖ-Landesregierung für die finanzielle Unterstützung bedanken.