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VON ALFONS KRIEGLSTEINER LINZ (26.04.2003 und 08.05.2003, OÖN Textarchiv, Auszug)

"Wenn Moleküle raften gehen", ist der Titel seiner Diplomarbeit, für die Manuel Mörtelmaier, Biophysik-Student an der Kepler-Uni, den heurigen Linzer Physik-Oscar einheimste. Der 26-jährige Welser präsentierte sein Werk am 24. April vor einer Jury aus AHS-Schülern, Physikprofessoren und Uni-Fachleuten. Dabei schaffte er es, mit einprägsamen Analogien aus dem Alltag die komplizierten Inhalte einfach darzustellen.
Mörtelmaier knapp geschlagen geben mussten sich beim Finale trotz eines mit kabarettistischen Gags angereicherten Vortrags Harald Salhofer ("Was Kondensatoren über ihren Inhalt verraten") und Markus Axmann ("Dem Verkehrschaos in den Zellen auf der Spur").


Mörtelmaier beschrieb die Körperzelle als Haus, in dem eine Party gefeiert wird, und ließ die Gäste die Proteine sein. Während die meisten Sekt bevorzugen, finden sich zwei intellektuelle Antialkoholiker zum Plaudern bei Kamillentee an der Bar ein. Wenn also eine Zelle Proteine verbinden will, die in einem bestimmten Moment eine Reaktion auslösen sollen, geht sie ähnlich vor. Sie reichert an einigen Stellen der Membran - dem Kamillentee-Platzerl - "Raft-Lipide" an. Diese locken die erwünschten Eiweiße an, die jetzt zusammenarbeiten können.

Die Membran unserer Zellen ist ein seifenschaumähnliches Gebilde aus Molekülen, den Lipiden. 100.000 Proteine je Zelle sind in den "Hüllschaum" eingebettet. Wie es die Zelle schafft, die richtigen Membranproteine zeitgerecht zu aktivieren, hat der Biophysiker Manuel Mörtelmaier untersucht. Dafür erhielt er jetzt den Linzer Physik-Oscar.

Stellen wir uns eine Körperzelle als Haus vor, in dem eine Party gefeiert wird. Die Gäste sind die Proteine. Sie sammeln sich am Getränkeausschank. Die meisten bevorzugen Sekt. Zwei Gäste, die sich besonders gut verstehen (z. B. zwei intellektuelle Antialkoholiker), zieht es aber zum Kamillentee. Da sind sie unter sich und starten ein intensives Plauscherl.

Ähnlich raffiniert geht die Zelle vor, wenn sie Proteine verbinden will, die in einem bestimmten Moment eine bestimmte Reaktion auslösen sollen. Sie reichert an einigen Stellen der Membran "Raft-Lipide" an - der Kamillentee-Ausschank. Und diese speziellen Lipide locken die erwünschten Eiweiße an, die nun zusammenarbeiten und miteinander interagieren können.

"Auf Abruf bereit", flottieren die Raft-Lipide (eines davon ist das Cholesterin) durch den "Seifenschaum" der Zellmembran. "Wenn die Zelle diese wichtigen Signalstoffe an einer bestimmten Stelle inselförmig vereinigt hat, bildet sich hier ein wichtiger Punkt für ihr korrektes Funktionieren", so Mörtelmaier. Das haben auch gefährliche Viren längst durchschaut: HIV etwa benützt die schwebenden Signalstoffe, um sich in immer neue Zellen einzuschleusen.

In seiner Diplomarbeit ist es Mörtelmaier erstmals gelungen, die höchstens 50 milliardstel Meter großen Raft-Lipide sichtbar zu machen - mit Hilfe einer neuen optischen Technik. "Single Dye Tracing" (SDT) heißt sie, und am Zentrum für Einzelmolekül-Mikroskopie des Linzer Instituts für Biophysik ist sie seit gut vier Jahren "im Gebrauch".

Mit SDT lässt sich ein einzelnes Molekül abbilden, indem man eine Bio-Probe im Fluoreszenzmikroskop anbringt und mit einem Laserstrahl kurz belichtet. Die Emission speichert man in einer hochempfindlichen CCD-Kamera. Das Molekül wird mit einem Farbstoff markiert und verrät seine Position durch ein Fluoreszenzsignal. Mit der neuen Technik lässt sich die Bewegung des markierten Moleküls in der Lipidmembran verfolgen - die einzelnen "Partygäste" bekommen ein Gesicht!

Als nächstes will Mörtelmaier eine Methode finden, wie man Moleküle gezielt in die Raft-Lipide einschleusen kann. Auch ihre dreidimensionale Verteilung auf der Zelloberfläche wird darstellbar.