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Josef Madl - Sehen und Tasten: mehr Sinne erfahren mehr!

Combined Optical and Force Microscopy

oder

Sehen und Tasten: mehr Sinne erfahren mehr!

Josef Madl
angefertigt am Institut für Biophysik

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Lebende Organismen – vom kleinsten Bakterium bis hin zum Menschen – bestehen aus Zellen. Um die komplexen Abläufe des Lebens oder die Ursachen von Krankheiten besser verstehen zu können, ist es notwendig, diese kleinsten Einheiten von Grund auf zu untersuchen. Für die Erforschung von Zellen auf molekularer Ebene werden Techniken wie Fluoreszenzmikroskopie und Atomkraftmikroskopie (atomic force microscopy, AFM) mit großem Erfolg eingesetzt.

Die Fluoreszenzmikroskopie macht Biomoleküle – zum Beispiel Proteine oder Lipide, die Grundbausteine von Zellen – über spezielle Farbstoffe sichtbar. Dadurch kann nicht nur deren Verteilung innerhalb der Zelle bestimmt werden, sondern auch die Vielfalt an Transportvorgängen direkt beobachtet werden, welche es der Zelle erst ermöglichen, auf Signale aus der Außenwelt (z.B. dem Körper) zu reagieren.

Abb. 1: Eine lebende Zelle, in welcher ein Rezeptor für das Cholesterin-Partikel HDL mit grün fluoreszierendem Farbstoff markiert wurde. Das Fluoreszenzbild (a) enthüllt, wo sich diese Rezeptoren befinden, während das AFM-Bild (b) sehr detailliert den Aufbau der gleichen Zelle zeigt.

Um einen ungleich detaillierteren Eindruck über die genaue Anordnung von Biomolekülen innerhalb der Zellmembran zu erhalten, wurde in den letzten Jahren die AFM-Technik als molekulares "Tastverfahren" entwickelt. Sie eröffnet den Einblick in die Nanowelt der Zelle (ein Nanometer ist ein Millionstel eines Millimeters). Bei der AFM-Technik wird die Probe mit einer extrem feinen Spitze abgetastet – ähnlich wie bei einem miniaturisierten Plattenspieler. Auf diese Weise kann das Relief der Zelle sehr genau abgebildet werden. Darüber hinaus ermöglicht das AFM die Messung winzigster Kräfte, wie sie zum Beispiel zwischen einzelnen Proteinmolekülen und deren Bindungspartner auftreten. Ähnlich wie ein Fischköder an einem Angelhaken wird dabei dem Zellrezeptor der Bindungspartner an einem molekularen Seil über das AFM dargeboten.

Abb. 2: Ein Antikörper kann wie ein Köder an die AFM-Spitze gehängt werden (a). Ein Farbstoffmolekül zeigt an, wo es sehr leicht ist, mit dieser "Nano-Angel" nach dem Rezeptor zu "fischen". Die Rezeptoren auf der Zelle sind in Bild (b) zu sehen, während in Bild (c) die AFM-Spitze auf derselben Zelle als X zu erkennen ist. Wenn die Spitze direkt auf einen Rezeptor gesetzt wird, gelingt sicher ein guter Fang und die Bindungskraft kann untersucht werden.

Hochsensitive Fluoreszenzmikroskopie und AFM alleine eingesetzt ermöglichen den Zugang zu vielen zellbiologischen Fragestellungen. Nun erweist sich aber auch im alltäglichen Leben sowohl passives Sehen als auch blindes Tasten manchmal nur als beschränkt nützlich. Erst der gemeinsame Einsatz verschiedener Sinne ermöglicht eine umfassende Wahrnehmung der Umwelt und schafft die Möglichkeit zur Kontrolle derselben. Auch zelluläre Prozesse werden durch Kombination zweier verschiedener Mikroskopie-Techniken sicht- und greifbar.

      
Das Ziel dieser Diplomarbeit war der Aufbau eines kombinierten Fluoreszenz-AFM-Mikroskops. Weiters wurden Untersuchungen an einem Zellrezeptor für den Cholesterin-Transporter HDL (high density lipoprotein) durchgeführt.

Die absolvierten Messungen demonstrieren klar die Vorteile der gemeinsamen Nutzung zweier unterschiedlicher "Sinne" in der Zellforschung:

Werden beide Systeme zur Abbildung der Zellen eingesetzt, gewinnt man neue Information aus einer Messung. Auf diese Weise lassen sich die Verteilung und Bewegung von Fluoreszenz-markierten Biomolekülen direkt mit dem strukturellen Aufbau der Zelle vergleichen (siehe Abb. 1).

Eine weitere Möglichkeit ist, das Fluoreszenzmikroskop als Leitsystem für das AFM zu nutzen (siehe Abb. 2). Dies ist besonders bei Bindungskraftstudien von großem Vorteil, weil eine mit einem Antikörper ausgestattete AFM-Spitze zielgerichtet auf einen Zellrezeptor gesetzt werden kann. Dadurch wird die Ausbeute des wissenschaftlichen "Protein-Fischers" deutlich gesteigert. Im Falle sehr geringer Rezeptordichten auf der Zelloberfläche kann diese Vorgehensweise entscheidend für den Erfolg der Messung sein.