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Dominik Kriegner - Von unsichtbaren Strahlen und falsch gestapelten Atomen
X-ray diffraction from III-V semiconductor nanowires
oder
Von unsichtbaren Strahlen und falsch gestapelten Atomen
Dominik Kriegner
angefertigt an der Abteilung für Halbleiterphysik des Instituts für Halbleiter- und Festkörperphysik
Röntgenstrahlen werden nicht nur in der medizinischen Diagnostik und zum Durchleuchten von Gepäck an Flughäfen eingesetzt, sondern auch vielfach in der Materialwissenschaft. Sie kommen besonders in der Erforschung von Kristallen zur Anwendung, wo die periodische Anordnung von Atomen zum Phänomen der Beugung führt.
Das fundamentale Gesetz für Beugungsexperimente ist die Bragg'sche Gleichung
welches die Beziehung zwischen Atomlagenabständen () und dem dazugehörigen Streuwinkel () für eine vorgegebene Wellenlänge () der verwendeten Röntgenstrahlung angibt (siehe Abbildung 1). Dieser Zusammenhang ermöglicht es, Atomabstände in Kristallen mit hoher Präzesion zu messen. Da die Atomanordung in Kristallen maßgeblich die Eigenschaften der Materialien bestimmt, ist deren Bestimmung wichtig, um Vorhersagen über die Materialeigenschaften machen zu können.
An der Universität Linz wird Röntgenbeugung für die Strukturanalyse von Halbleitern eingesetzt, die den Grundbaustein vieler elektronischer Geräte bilden (siehe z. B.: Physik in Unserer Zeit, Vol. 1, Seite(n) 46-51, 2009). Ein besonders aktuelles Forschungsgebiet ist die Untersuchung der Kristallstruktur halbleitender Nanodrähte.
Solche Nanodrähte werden durch spezielle Kristallwachstumsverfahren hergestellt. Eine Elektronenmikroskopaufnahme in Abbildung 2 zeigt, dass deren Durchmesser etwa 100 Nanometer (1/10000 mm) ist und die Länge der Nanodrähte mehrere 1000 Nanometer betragen kann.
Der kleine Querschnitt führt auf Grund der Quantenmechanik zu vielen vorteilhaften neuartigen Eigenschaften, zum Beispiel für die Anwendung in Lasern. Derzeit wird auch erforscht, wie sich damit Feldeffekttransistoren - die Basis moderner elektronischer Geräte - verbessern lassen. Weiters könnten Nanodrähte eine höhere Effizienz von Solarzellen bewirken, da sie eine bessere Nutzung des infraroten Lichtanteils im Sonnenspektrum ermöglichen. Dafür ist es wichtig, die innere Struktur der Drähte zu bestimmen, und in weiterer Folge auch zu kontrollieren.
Ich bestimmte in meiner Diplomarbeit die Kristallstruktur von Nanodrähten aus halbleitenden Legierungen. Insbesondere studierte ich Verbindungen von Elementen der Gruppen III und V des Periodensystems (z.B. InAs). Dabei konnte ich zeigen, dass die Nanodrähte Kristallfehler aufweisen, und die Art der Defekte identifizieren. Einige der gefunden Effekte lassen sich mit dem Vergleich zum Stapeln von Kugeln veranschaulichen. Wie in Abbildung 3 dargestellt, gibt es für das dichteste Stapeln von Kugeln verschiedene Möglichkeiten. Dabei ist der Unterschied der beiden gezeigten Stapelfolgen ABAB... und ABCABC... für Kugeln sehr gering, z. B. ergeben sich für beiden Arten die selbe Dichte an Kugeln. Es ergibt sich lediglich ein Unterschied der Distanz der Kugeln in der ersten und dritten Lage, welche für Kugeln irrelevant ist. Dies ist für Atome in den untersuchten Legierungen nicht der Fall. Dort ergibt sich sehr wohl ein Unterschied durch die verschiedenen Stapelfolgen, da Atome den veränderten Abstand der umgebenden Atome über die Bindungen im Kristall spüren.
Wenn man mehr als drei Lagen von hexagonal angeordneten Atomen betrachtet, gibt es noch weitere (genau genommen unendlich viele) Möglichkeiten der Stapelung. Drei dieser Stapelfolgen wie sie für Legierungen wie InAs in Nanostrukturen vorkommen sind in Abbildung 4 gezeigt. Genau genommen besteht für die untersuchten Kristalle eine Lage A,B oder C schon aus zwei Atomlagen. Weiters spielt für Nanostrukturen bei der Stapelung nicht nur der veränderte Abstand der Atome, sondern auch die entstehenden Oberflächen, welche bei den verschiedenen Strukturen unterschiedlich sind, eine Rolle. Mittels Röntgenbeugung lassen sich die verschiedenen Strukturen unterscheiden und somit wichtige Materialparameter bestimmen.
Da sich Defekte und Strukturwechsel, wie sie in Abbildung 4 gezeigt sind, negativ auf die elektronischen Eigenschaften auswirken, müssen sie für zukünftige Anwendungen soweit als möglich vermieden, zumindest jedoch vermindert werden. Die in meiner Arbeit gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen somit eine gezielte Verbesserung der Wachstumsprozesse und somit der Effizienz von Nanodrähten in modernen Solarzellen.